Handschrift und Händigkeit

Schriftbild und Händigkeit

Zusammen mit dem Tastsinn, dem Gleichgewichtssinn und einer ausreichenden Körperspannung bildet die Bewegungsfähigkeit der Hände und Finger die motorische Grundlage für ein persönliches Schriftbild.
Kinder und Jugendliche mit Schwierigkeiten in der Fein- u. Grafomotorik haben oft eine sehr unleserliche Schrift.
Dies kann so weit gehen, dass für den Lehrer nicht klar wird, ob eine Schreibmotorik-Problematik oder etwa eine Rechtschreib-Problematik vorliegt.

Grafomotorik

Unter Grafomotorik versteht man eine differenzierte, rhythmische Bewegung sowie das Halten und Führen von Mal-und Schreibgeräten. Sie stellt eine sehr feine Koordinationsaufgabe dar und entspricht weit mehr als nur einer technischen Fähigkeit oder gar einem Kopieren vorgegebener grafischer Zeichen. Dabei kommt es darauf an, dass einzelne Bewegungsmuster nicht isoliert bis zur Perfektion eingeübt werden, sondern dass sie nach einigen gleichbleibenden Wiederholungen in verschiedenen Situationen variiert angeboten werden. Durch spielerische Variationen werden Bewegungsmuster automatisiert und können so sicher angewandt werden. Eine gut entwickelte Grafomotorik ist die Voraussetzung für die in der Schule so nötige Schreibmotorik.
Denn nur wenn diese gut ausgebildet ist kann der Schüler leserlich und angemessen schnell schreiben und aus den angefertigten Mitschriften dann auch lernen.
Voraussetzungen für gute graphomotorische Leistungen sind:

  • Altersentsprechende Handmotorik
  • Eindeutige Händigkeit
  • Fähigkeit Formen zu erkennen und zu unterscheiden
  • Gute Auge-Hand-Koordination
  • Günstige Stifthaltung
  • Altersentsprechende visuelle Wahrnehmung, d.h. Fähigkeit zur Blatteinteilung, Fähigkeit zum Einhalten von Richtungen und Linien

Diagnose

Wir erheben eine Differentialdiagnose die aus den Teilen Motorik, Wahrnehmung und Zeichnen besteht und die Auffälligkeiten des Kindes systematisch erfasst. Daraus erschließt sich auf welcher Entwicklungsstufe ein Kind in den unterschiedlichen Bereichen der Grafomotorik steht und wo die Förderung angesetzt werden kann. Wir arbeiten mit dem RAVEK (S) (Ravenburger Erhebungsbogen Fein-und grafomotorischer Kompetenzen), der es ermöglicht, den Förderbedarf zu ermitteln und so die nötigen Fördermaßnahmen auf die Bedürfnisse des Kindes anzupassen.

Maßnahmen bei grafomotorischen Schwierigkeiten:

  • Haltungsaufbau
  • Handgelenksbeweglichkeit
  • Flüssige Bewegungssteuerung
  • Korrektur und Stabilisierung der richtigen Stifthaltung (Drei-Punktgriff)
  • Kraftdosierung

Rechtschreibschwierigkeiten und unleserliche Handschrift?

Wir machen eine Schriftanalyse und entscheiden danach die weitere Vorgehensweise gemeinsam mit Ihnen.

  • Es braucht Zeit, um die Handschrift zu verbessern
  • Die Stifthaltung muss überprüft und ggfls. korrigiert werden
  • Grundmuster müssen trainiert werden
  • Konsequentes Üben des Kindes benötigt viel Aufmunterung und Lob

In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, die Rechtschreibförderung mit der Förderung der Grafomotorik zu verbinden. Über die Möglichkeiten dazu kommen wir gerne mit Ihnen in ein ausführliches Gespräch.

Kennzeichen der Unleserlichkeit

  • Mangelnde Unterscheidung der Buchstabengröße, sodass Groß- oder Kleinschreibungen nicht sicher zu erkennen sind
  • fehlende Orientierung an den Schreiblinien, sodass Wörter verrutschen
  • fehlende Verschriftung einiger Buchstaben oder Buchstabenübergänge

Händigkeit

Das Schreiben von Hand ist einer der komplexesten Vorgänge zu denen der Mensch in der Lage ist.
Die meisten Kinder zeigen schon früh eine eindeutige Bevorzugung der linken oder der rechten Hand. Spätestens im Alter von 5 Jahren sollte die Bevorzugung einer Hand so festgelegt sein, dass bei eine Tätigkeit kein Wechsel mehr stattfindet. Wechselt ein Kind vor der Einschulung noch während Tätigkeiten die Hand, sollte seine Handdominanz unbedingt abgeklärt werden, denn dies erleichtert auf vielfältige Weise den Schuleintritt, bei dem ein sicherer Umgang mit dem Stift wichtig ist.
Die dominante Hand ist motorisch geschickter, hat ein besseres Feingefühl (taktile Wahrnehmung), vermittelt dem Gehirn ein besseres Lagegefühl (kinästhetische Wahrnehmung), kann exaktere Bewegungen ausführen und schneller arbeiten, da die Reaktionsgeschwindigkeit kürzer ist. All dies sind wichtige Voraussetzungen, um beim Schreiben lernen zu bestehen.
Wird mit der nicht dominanten Hand geschrieben, kann dies zu einer Überbelastung des Gehirns führen, häufig verbunden mit Denkblockaden. Denn in den Schreibvorgang sind verschiedenen Aktivitäten einbezogen:

  • Bildliche Vorstellung des Buchstaben,
  • Serialität der Buchstabenfolge
  • Sprache
  • Gedanken, Vorstellungen, Assoziationen
  • Abrufen von Lerninhalten

Folgen von wechselndem Handgebrauch

Folgende Schwierigkeiten können bei wechselndem Handgebrauchs oder einer Umschulung der Händigkeit nach der Einschulung eintreten:

  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Konzentrationsstörungen (z.B. schnelle Ermüdung und mangelnde Ausdauer)
  • Gedächtnisstörungen (z.B. beim Speichern und Abrufen von Lerninhalten)
  • Legasthenische Probleme (z.B. Lese-u. Rechtschreibschwierigkeiten mit Auslassungen und Verdrehungen von Buchstaben oder auch ganzen Wörtern)
  • Rechenprobleme (z.B. Zahlenfolgen werden vertauscht, Rechenzeichen verwechselt
  • Schreibmotorische Probleme (z. B. Schreiben lernen erschwert, Schreibtempo reduziert)
  • Sprachstörungen (z.B. W)

Abklärung der Händigkeit

Zur Feststellung einer unklaren Händigkeit gibt es kein einheitliches Beobachtungs-Untersuchungs-und Testverfahren.
Wir arbeiten mit den von Barbara Sattler entwickelten Beobachtungsmethoden.
Rufen Sie uns an, wenn Sie an einer Händigkeitsabklärung ihres Kindes interessiert sind.